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27.10.2025

Medizinische Versorgung im Landkreis - Große Unterstützung von Seiten des Kreistags

Lindau (Bodensee) – „Den goldenen Gral werden wir nicht finden“, mit diesen Worten eröffnete Dr. Alexander Schmid, Geschäftsführer des Unternehmens 2perspectives, seinen Vortrag auf der jüngsten Sitzung des Kreistags. „Vielmehr wird es ein Bündel an Maßnahmen brauchen.“ Über mehrere Monate hinweg hatte das Unternehmen Konzepte und Maßnahmen für eine zukunftsfähige ambulante Gesundheitsversorgung im Landkreis Lindau erarbeitet. Grundlage dafür waren zahlreiche Workshops und Fokusgruppen mit Vertreterinnen und Vertretern des Landkreises, der Ärzteschaft, der Kliniken, der Kassenärztlichen Vereinigung, Fachleuten aus dem Gesundheitswesen sowie der Politik. „Mir ist wichtig, dass wir alle Kräfte im Landkreis bündeln, und ich bin sehr dankbar, dass Ärzte, Kliniken und Kommunen gemeinsam mit der Landkreisverwaltung an Lösungen arbeiten,“ sagt dazu Landrat Elmar Stegmann. Das Ergebnis: Ein umfassendes Maßnahmenpaket, das in der Sitzung des Kreistags auf große Zustimmung stieß.

Breite Unterstützung für erste Umsetzungsschritte

Zu Beginn der Sitzung gab Landrat Elmar Stegmann einen Überblick über weitere Bereiche der regionalen Gesundheitsversorgung – insbesondere über die rettungsdienstliche und die stationäre Versorgung. „Es genügt nicht, Probleme zu benennen. Für mich ist entscheidend, dass Bürger wirklich spürbare Verbesserungen erleben. Darauf arbeite ich hin“, so der Landrat.

Anschließend stellte 2perspectives den Entstehungsprozess des Gutachtens sowie die vorgeschlagenen Maßnahmen im ambulanten Bereich vor.

Mit nur einer Gegenstimme beschlossen die Kreisräte, die Landkreisverwaltung zu beauftragen, mit einer ersten Umsetzung zu beginnen. Dafür sollen im Haushalt 2026 rund 200.000 Euro bereitgestellt werden.

Zudem beauftragte der Kreistag die Verwaltung, eine Beteiligung an einem genossenschaftlichen Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) zu prüfen. Hierzu soll eine enge Abstimmung mit der Stadt Lindenberg sowie weiteren interessierten Kommunen im oberen Landkreis erfolgen. Die Ergebnisse sollen noch in diesem Jahr vorgestellt werden.

Darüber hinaus erhielt Landrat Stegmann den Auftrag, mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) in einen intensiven Austausch zu treten. Ziel ist es, im oberen Landkreis Niederlassungsmöglichkeiten im Fachgebiet Chirurgie zu schaffen. „Uns allen ist klar: Das ist kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf. Ich bin bereit, gemeinsam mit allen Partnern dranzubleiben,“ unterstrich Landrat Elmar Stegmann.

Ergebnisse des Konzeptpapiers zur ambulanten Versorgung

„Eine gute ambulante Versorgung für die Menschen im Landkreis schaffen wir nur gemeinsam“, so Landrat Stegmann weiter. „Wir wollen die Initiativen der Gemeinden und des Landkreises zusammenführen und weiterhin die Ärzteschaft, Kliniken und weitere Fachleute eng einbinden.“ Stegmann wies zudem auf die zentrale Rolle der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns hin: „Die KVB trägt die Verantwortung für die ambulante Versorgung. Sie ist unser wichtiger Partner, da sie über Rahmenbedingungen wie Arztsitze entscheidet. Unser Ziel ist daher eine enge Zusammenarbeit – und wir planen bereits gemeinsame Maßnahmen.“

Anschließend stellten Dr. Alexander Schmid und sein Mitarbeiter Hendrik Bock von 2perspectives die Entstehung des Konzeptes sowie die empfohlenen ersten Umsetzungsschritte vor. „Sie als Vertreterinnen und Vertreter des Landkreises können nicht alle Probleme lösen, die von außen an Sie herangetragen werden“, erklärte Dr. Schmidt. „Ein Landkreis kann keine ärztlichen Budgets erhöhen oder Arztsitze vergeben. Aber es gibt sehr wohl Maßnahmen, die wir hier vor Ort gemeinsam mit Ärzten, Kliniken und weiteren Partnern umsetzen können – und diese möchten wir heute vorstellen.“

Empfohlene Maßnahmenbereiche

  • Attraktivität für junge Ärzte steigern: Neue Praxen sollen entstehen, bestehende gestärkt werden – etwa durch MVZ-Strukturen, gute Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten sowie Entlastung durch zentrale Verwaltung.
  • Versorgung vor Ort sichern: Hybride Angebote, Kooperationen, Filialpraxen und eine zentrale Patientensteuerung sollen flächendeckende, wohnortnahe medizinische Hilfe gewährleisten.
  • Schnelle Hilfe bei akuten Problemen: Eine abgestimmte Steuerung für mobile Patientinnen und Patienten mit akutem Behandlungsbedarf soll die ambulante Akutversorgung verbessern.
  • Transparenz und Vernetzung erhöhen:
    • Informationskampagnen für Ärztinnen und Ärzte (Hausarztvermittlungsfall, Terminservicestelle)
    • Informationskampagnen für Patientinnen und Patienten (Notfallversorgung im Landkreis, Anlaufstellen und Telefonnummern)
    • Regelmäßige Vernetzungstreffen im Rahmen von Gesundheit Plus

Die vollständige Präsentation ist auf der Website des Landkreises Lindau unter www.landkreis-lindau.de abrufbar.

Erste Erfolge auch im ambulanten Bereich

Im Bereich der ambulanten Versorgung gibt es seit Beginn des Projekts schon erste Teilerfolge. So wird sich ab Dezember auf Initiative von Landrat Stegmann und der Ärzteschaft, die sich beide bei der KVB eingesetzt hatten, ein neuer Facharzt für Psychiatrie im Landkreis niederlassen.

Auch im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung gibt es Fortschritte: Die Oberbergklinik in Scheidegg bietet ab sofort eine Tagesklinik für psychosomatische Erkrankungen an – der Landkreis hatte hierzu bereits separat informiert.

Rettungsdienst

Status quo: Die Schließung der Rotkreuzklinik hat vor allem den Standort Lindenberg betroffen. Dennoch war die notärztliche Versorgung seitdem durchgehend zu 100 Prozent sichergestellt. „Die Besetzungsquote war immer erfüllt – das gibt uns Sicherheit“, so Landrat Stegmann.

Seit Mai dieses Jahres ist im Westallgäu zudem zu den Stoßzeiten ein zusätzlicher Rettungswagen in Oberreute stationiert. Ein Gutachten hatte ergeben, dass im Bereich Oberstaufen die Hilfsfrist nicht eingehalten werden konnte – und dies auch für Lindenberg drohte. Durch das neue Fahrzeug haben sich die Hilfsfristen in beiden Regionen verbessert. „Wichtig ist, dass die Patientinnen und Patienten innerhalb der notwendigen Frist immer auch in die für ihr Krankheitsbild geeignete Klinik kommen. Das ist derzeit der Fall. Noch nie hatten wir eine so gute rettungsdienstliche Versorgung wie heute“, betonte der Landrat.

Ausblick: Der Landkreis Lindau will sich gemeinsam mit den anderen Landkreisen im Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Kempten dafür einsetzen, dass die Einsatzzeiten der Rettungshubschrauber erweitert werden. Denn im Gegensatz zu vielen Nachbarländern dürfen Rettungshubschrauber in Deutschland bislang nur tagsüber eingesetzt werden.

Stationäre Krankenhausversorgung

Status quo: Nach der Schließung der Rotkreuzklinik in Lindenberg haben die umliegenden Kliniken ihre Bettenkapazitäten – insbesondere in den Notaufnahmen – erhöht. Dennoch kann es dort vereinzelt zu längeren Wartezeiten kommen, da die Behandlung nach Dringlichkeit erfolgt. Ein Teil der Patientinnen und Patienten sucht Notaufnahmen auf, weil ambulante Versorgungsstrukturen oft schwer erreichbar sind oder als überlastet gelten.
„Ziel ist es, die Krankenhäuser zu entlasten, indem Patientinnen und Patienten je nach Dringlichkeit in die jeweils passende Versorgungsstruktur geleitet werden. Jeder Notfall wird weiterhin umgehend von Spezialisten behandelt und auch bei geplanten Eingriffen bestehen keine Engpässe“, so Landrat Stegmann.
Aktuell steht das deutsche Krankenhauswesen jedoch unter Druck: Bundesweit geraten immer mehr Häuser in finanzielle Schwierigkeiten. Jüngst meldete auch der MCB im Bodenseekreis Insolvenz an. Schätzungen schreiben 80 Prozent der Krankenhäuser rote Zahlen. Trotzdem plant der Bund, die Mittel für Krankenhäuser weiter zu kürzen.
Hinzu kommen Personalmangel – viele Beschäftigte der Babyboomer-Generation gehen in Rente – sowie eine zunehmende Ambulantisierung der Medizin. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die Kliniken, etwa weil je nach Fachbereich eine Mindestanzahl an Fachärzten vorgehalten werden muss, was insbesondere kleinere Kliniken vor große Herausforderungen stellt.

Ausblick: Im Landkreis Lindau sollen ambulante und stationäre Versorgung künftig noch enger verzahnt und beide Strukturen gestärkt werden. Grundlage hierfür sind zwei Gutachten.

Ein Folgegutachten zur stationären Versorgung wurde nun in Auftrag gegeben. Es soll analysieren, wie ambulante und stationäre Angebote zukünftig noch enger verzahnt werden können – immer zum Wohle der Patienten in allen Teilen des Landkreises. Der Landkreis erhofft sich daraus Erkenntnisse, wie die stationäre Krankenhausversorgung zukunftssicher aufgestellt werden kann. „Mir persönlich ist es ein Herzensanliegen, dass wir im Landkreis Lindau auch in Zukunft für alle Generationen eine bestmögliche medizinische Versorgung bieten,“ stellt Landrat Stegmann klar.

Die Ergebnisse des ersten Gutachtens aus dem Herbst 2024 hatten auf kommunaler Ebene breite Zustimmung gefunden. Allerdings lehnte der baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha eine länderübergreifende Lösung – wie im Gutachten vorgesehen – ab.

„Ich bin dankbar, dass wir vom Freistaat Bayern so intensiv unterstützt werden und das Gutachten nun auf bayerischer Seite fortsetzen können“, erklärte Stegmann. Mit der Durchführung wurde erneut das Unternehmen 2perspectives beauftragt. Neben der Asklepios Klinik Lindau ist dabei auch der Klinikverbund Allgäu Partner. Erste Ergebnisse werden im ersten Quartal 2026 erwartet.

„Medizinische Versorgung ist keine Selbstverständlichkeit – sie entsteht durch konsequentes Handeln. Ich werde die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen weiter aktiv vorantreiben, bleibe im engen Austausch mit allen Partnern und halte die Bürger regelmäßig über Fortschritte auf dem Laufenden“, so Landrat Elmar Stegmann.